Obwohl schlechter, war früher manches besser

Kabarettist Härder bringt das Publikum beim Heimat- und Kulturverein ausgiebig zum Lachen

Assamstadt. Fünf Auftritte in sieben Tage. Von Berlin nach Assamstadt und am nächsten Tag ans andere Ende von Franken: nach Hof. Mäc Härder kam quasi eingespielt zum Heimat- und Kulturverein in das Gemeindezentrum Alte Kirche und legte nach einer kurzen Begrüßung durch Bernd Scherer gleich los.
Auf einer Zugfahrt legt Härder seinen Neffen mit Bauernschläue ganz klassisch herein. Denn die vermeintlich allwissende Suchmaschine weiß eben doch nicht auf alles eine Antwort. „Wir haben nicht gegoogelt, wir haben überlegt!“ So lautete das Programm, das der Kabarettist aus Bamberg am Freitagabend darbot. An die Jugend gewandt: Ihr macht es wie die Spinnen, die stellen ihr Essen auch ins Netz. Was das Urgestein des fränkischen Kabaretts erregt, ist einzig die Ehrfurcht der Alten vor dem Technikwissen der Jugend: Wir stehen ja auch nicht neben dem KFZler in der der Werkstatt und huldigen ihm wie einem Zauberer – der tut einfach seinen Job. Doch Mäc Härder hieb nicht nur in die Technik-Kerbe, sondern hatte viele weitere Themen im Gepäck.
Wie erklärt man die Inflation anschaulich? Nach Härder von 9 auf 49 Euro am Beispiel des Deutschlandtickets. Da reisten die Punks erstmals auf Sylt, um resigniert festzustellen, dass der Latte macchiato teurer ist als die ganze Fahrt. Die Aktion der Bundesregierung verhalf dann wenigstens dazu, Deutschland in vollen Zügen zu genießen.
Deutsch oder Englisch, wer kann das noch auseinander halten? Wellness, das war früher das Müttergenesungswerk und nennt sich in Bamberg heute noch Wallfahrt. Deren Motto lautet: „Wir legen sie nur einmal tiefer“: Aber dass sich das Bestattungsunternehmen neuerdings „ground lounge assistent“ nennen muss? Der Versuch, den „outdoor freak“ und Weiteres ins Deutsche zu übertragen, führt ins Sinnfreie bis Absurde. Jonny Depp in Hein Blöd übersetzt funktioniert dann aber doch ganz gut.
Dann haben wir es hinter uns. So kündigte der Kabarett- und Jonglage-Preisträger seinen obligatorischen Corona-Beitrag an. Während die Franzosen Rotwein bunkerten, horteten die Deutschen bekanntlich vor allem Klopapier. So ist klar, was uns von der Krise letztlich bleibt: Jede Menge Klopapier! Das schaffte den Übergang zur ersten Jonglier-Einlage: Mit einer Tüte Klopapier beginnend wurden anschließend einzelne Rollen kunstvoll durch die Luft gewirbelt.
Müssen Elektriker isoliert sein, nur weil sie Kontakte suchen? Die Sprüche und Geschichten mal mehr oder weniger tiefsinnig, gab es auch reichlich Schenkelklopfer an diesem Abend. Härder spielte mit dem Publikum: „Ist das euer Niveau? Ich kann noch flacher, aber dann wirds eng!“
Nach der Pause auffällig im Testbild-Anzug gekleidet, überprüft der selbst ernannte Franken-König die Sprachkenntnisse der Besucher. Denn „wenn der Franke seinen Unmut äußern kann, wird er gesprächig.“ „Lobt“ der Franke setzt es mitunter derbe Sprüche. Diese kulturellen Eigenheiten, spezielle Maßeinheiten sowie der fränkische Dialekt an sich werden in Assamstadt soweit verstanden. Das war wohl zu „einfach“. Dann gab es eben noch eine Schippe drauf: bei einigen Sätzen aus Härders alten Heimat der Rhön verstanden die Allermeisten im Publikum nur noch Bahnhof.
Vorurteile hat ein jeder. Horrenbach ist so ein finsteres Loch, da ist nicht nur der Hund begraben, sondern schon die Katz‘ verreckt. Das hat sich anscheinend bis nach Bamberg rumgesprochen. Mäc Härder schießt sich an diesem Abend noch auf die Gruppe der Rentner ein und suhlt sich köstlich in diesem „Feindbild“. Die Marcumar-Mafia mit ihrer Diktatur der Alten solle doch gleich einen eigenen Erdteil gründen: den In-kontinet. Wird man im Alter milder, fragt sich der Wortakrobat nachher selbstkritisch. Jedenfalls stellte er nach der gehässigen Schimpftirade auf die Alten verschmitzt fest, dass er in sechs Jahren wohl selber zur Gruppe der Rentner gehören würde. Wo wir schon beim Thema sind. Was hat man nun vom alt werden? Ganz klar: Man wird öfter zum Essen eingeladen. Härder selbst sei heuer schon drei Mal beim Leichenschmaus gewesen.
„Früher war manches besser, obwohl es schlechter war.“ Früher und heute, der Zeitgeist sowie die Jugend und die Alten. Es waren viele klassische Komik-Themen dabei, dennoch klingt das meiste bei Mäc Härder frisch. 
Ein rohes Ei, ein Apfelstil und ein Medizinball–gleichzeitig! Das Jonglieren ist überhaupt und mit allerlei teils skurrilen Gegenständen ein Markenkern der fränkischen Frohnatur – immer treffend eingebunden in das gesprochene Wort. Das verfehlte auch sein Ziel in Assamstadt nicht und trug zur Auflockerung der Wortbeiträge und damit zur guten Unterhaltung bei.
Je plumper der Inhalt, desto leichter bleibt es im Gedächtnis. Zum Beweis lässt er die Gäste Werbesprüche der Siebzigerjahre raten. Das diente der Aktivierung des Publikums und klappte prima. Im Sprechchor vollenden die Gäste die von Mäc Härder angefangenen Werbeaussagen. Nur die ganz Jungen im Saal kamen dabei nicht mit.
Härder wäre nicht Härder, würde er nicht bis zum Abgang von der Bühne ein paar Sprüche raushauen. Die Geschenkübergabe, es waren auch zwei Wurstdosen einheimischer Metzger dabei, kommentierte er, ganz fränkisch, mit den Worten: Naja, in Klepsau habe ich eine ganze Sau bekommen. Außerdem versuchte er zuletzt noch mit dem Blumenschmuck zu jonglieren.
Für die Gäste war es bei liebevoller Bewirtung durch die Tennis-Damen des TSV Assamstadt in der Pause und nach der Spielzeit auch neben dem Programm ein geselliger Abend. Eine junge Frau in der ersten Reihe hatte gerötete Augen von den ganzen Lachtränen. Mäc Härder hat beim Heimat- und Kulturverein ein solides Programm gespielt, das Publikum bestens unterhalten und war vor, nach und während der Show ein sympathischer Mensch. Und das ist nicht versteckt fränkisch gemeint.